Bin ich noch frisch in einem Thema drin, so habe ich einen guten Überblick, welche Notizen oder Textschnipsel wo in meiner Materialsammlung zu finden sind – auf diese Weise kann ich auch lange Texte recht gut strukturieren.
Dieses Mal war aber der größte Teil der Materialsammlung schon mehrere Jahre alt (siehe der erste Teil des Artikels). Ich hatte jetzt im Frühjahr gar keinen Überblick mehr über alle zu Papier gebrachten bzw. auf der Festplatte abgespeicherten Notizen und Gedanken.
Hinzu kommt: ich habe noch nach frischen Inhalten recherchiert und der Vollständigkeit halber drei Bücher gelesen, die erst in den letzten vier Jahren veröffentlicht worden waren. (Ich hatte durchaus die Befürchtung, dass ‘mein’ Storytelling-Buch mit dem Schwerpunkt auf kleinen und mittelständischen Unternehmen bereits publiziert sein könnte, aber nein, die anderen Bücher setzen ebenso wie die vorigen einen anderen Schwerpunkt, daher bin ich beruhigt ans Werk gegangen.)
Jedenfalls hatte ich im Frühjahr a) eine ältere Materialsammlung, die mehrere Jahre in der Schublade lag, plus b) noch neuere Ideen und Notizen. Die neueren Sachen hatte ich grob im Arbeitsgedächtnis abgespeichert, aber bei den älteren Unterlagen hatte ich zum ersten Mal bei einem längeren Textprojekt das Gefühl, im Blindflug zu sein. Gleichzeitig musste ich noch mehrere Aufträge erledigen, so dass ich allmählich doch ein wenig panisch wurde. Also habe ich alle vorhandenen Dateien in eine zusammengefasst, habe am Dateiende meine Notizen abgetippt – und am Schluss war es ein Dokument mit mehreren Dutzend Seiten. Und alles völlig unstrukturiert.
So habe ich angefangen, Seite für Seite die Inhalte zu sichten und einzelne Themen oder Abschnitte in der Formatvorlage als höher- oder niedrigstufigere Überschrift zu kennzeichnen. Nachdem das erledigt war, bin ich daran gegangen, die einzelnen Abschnitte auszuschneiden und an passender Stelle einzufügen. So habe ich nach und nach die Gliederung entwickelt.
Im Rückblick gesehen war das nicht besonders geschickt. Denn die Ablenkung ist sehr groß. Wenn ich in einem Abschnitt etwas eingefügt habe, bin ich häufig nicht bei diesem Thema geblieben, sobald ich an der Einfügungsstelle einen Satz oder Absatz entdeckt habe, der an eine ganz andere Stelle gehörte. Also habe ich den auch gleich ausgeschnitten und dort eingefügt, wo der hingehört.
Auf diese Weise bin ich buchstäblich dauernd hin- und hergesprungen. Und vier Schritte weiter ist mir eingefallen, dass ich den allerersten Schritt ja noch gar nicht ganz abgeschlossen habe. Also wieder zurück zu dieser Stelle. Und dann ist mir wieder etwas anderes ins Auge gefallen, was dort nicht hingehörte. Also bin ich (bevor ich es vergesse) dann diesem Thema gefolgt und habe es dort eingefügt, wo es hingehört.
Ich weiß nicht, wie Sie sich Ihr Schreiben organisieren, aber folgen Sie lieber nicht meinem Beispiel. Es ist (aus meiner Erfahrung) wirklich besser, das Material erst zu gliedern und dann die Absätze und Abschnitte einzubauen. Für mich kann ich nur sagen: beim nächsten Buch fange ich wieder wie gewohnt an.